Fragen & Antworten
zum Fremdbesitzverbot bei Apotheken

1. Was bedeutet das „Fremdbesitzverbot“ bei Apotheken?
Es bedeutet, dass Apotheken nur von selbstständigen Apothekern und nicht von (börsennotierten, anonymen) Kapitalgesellschaften betrieben werden dürfen.

2. Warum gilt das Fremdbesitzverbot?
Das Fremdbesitzverbot dient bisher auch der Wahrung der Berufsethik im Interesse der Gesundheit der Verbraucher. Ohne das Fremdbesitzverbot könnten sich ohne weiteres auch fachunkundige Personen an Apotheken beteiligen und versuchen, auf die angestellten Apotheker Einfluss auszuüben, um ohne Rücksicht auf die gesundheitlichen Interessen der Patienten mehr Umsätze und Gewinne mit Arzneimitteln zu erzielen.

3. Wollen nicht auch Apotheker Gewinne erzielen?
Natürlich. Nur riskieren Apotheker, die wie kommerzielle Geschäftsleute ihre wirtschaftlichen Interessen vorrangig vor den gesundheitlichen Interessen der Patienten verfolgen, ihre berufliche Existenz. Anders als Nicht-Berufsangehörige, Aktionäre oder gar „Heuschreckenfonds“ werden Apotheker mit dem Risiko des Entzugs der Approbation konfrontiert. Die berufliche Existenz wäre dadurch gefährdet. Für Nicht-Berufsangehörige bliebe dagegen ein rücksichtsloser Umsatzdruck auf angestellte Apotheker möglicherweise folgenlos.

4. Würden angestellte Apotheker nicht als Sicherheit genügen?
Möglicherweise nicht hinreichend. Die Börsen-, Fleisch- und sonstigen Unternehmensskandale der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich Angestellte in (börsennotierten) Kapitalgesellschaften häufig aus Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes übersteigertem und ausschließlich kommerziellem Gewinnstreben der Chefs beugen.

5. Könnten durch den Fremdbesitz bei Apothekern nicht Einsparungen erzielt werden?
Diese Vorstellung ist leider Wunschdenken. Angestellte Apotheker verdienen brutto einschließlich Sozialversicherungsbeiträgen heute nach Berechnung mehr als der Durchschnitt der selbstständigen Apotheker. Außerdem könnten ohne Fremdbesitz in Deutschland bundesweit agierende Apothekenketten entstehen, die zugleich sog. Medizinische Versorgungszentren mit angestellten Ärzten gründen. Dann bilden sich „integrierte Ärzte- und Apothekenkonzerne“, bei denen die Arztabteilung das Rezept ausstellt und die Apothekenabteilung das Rezept abrechnet. Das könnte dazu führen, dass das die ohnehin steigenden Arzneimittelausgaben weiter in die Höhe treiben würde.

6. Welche Gefahr birgt die Vertikalisierung der Handelsstufen?
Die Vertikalisierung bedeutet letztlich, dass der Kettenbetreiber (z.B. Großhandel oder Hersteller) beispielsweise in seiner Vertriebspolitik absatzpolitischen Einfluss auf die nachgelagerten Handelsstufen ausübt. Der Apotheker vor Ort ist in seiner Entscheidungsfreiheit, in seiner freien Beratung beschnitten.
Bei entsprechender Marktmacht (Oligopol) führt die Vertikalisierung zum Ausschluss von gesundem Wettbewerb (siehe auch Energiebereich, Bahn, Benzin). Die Preise würden steigen.
Zudem würde die Vertikalisierung zu einer weiteren Konsolidierung im Mittelstand führen, da die Kettenbetreiber ihre unselbständigen Tochterfirmen in das System eingliedern würden. Die Angebotsvielfalt würde einer Uniformität weichen.

7. Könnten Apothekenketten nicht günstiger einkaufen?
Ein günstiger Einkauf nützt Apothekenketten schon deshalb nichts, weil der deutsche Gesetzgeber Einkaufsrabatte
für verschreibungspflichtige Arzneimittel immer wieder als „Wirtschaftlichkeitsreserven“ zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen abschöpft. Bei den OTC-Arzneimitteln würden Ketten aufgrund ihrer Marktmacht günstige Einkaufskonditionen abschöpfen. Die erzielten Vorteile verbleiben allerdings bei der Kette.

8. Woher kommen Expertenmeinungen, nach denen der Fremdbesitz zu Einsparungen führt?
Es gibt keine betriebswirtschaftlichen und empirischen Nachweise für Einsparungen durch Apothekenketten. Anders lautende Aussagen von „Experten“ sind Behauptungen ohne jeden Nachweis. Solche Behauptungen werden oft aus Kreisen von Geschäftsleuten lanciert, die mit Arzneimitteln das große Geschäft machen wollen, ohne sich selbst den beruflichen und charakterlichen Anforderungen an den Berufsträger zu unterwerfen.

9. Würde durch den Fremdbesitz nicht mehr Wettbewerb entstehen?
Der Fremdbesitz führte wie beispielsweise im Lebensmitteleinzelhandel zu einer Konzentrationswelle. Die Wege zu den Apotheken würden gerade für ältere Patienten und Patienten auf dem Land länger. Ihre zeitnahe Versorgung, die bei Arzneimitteln wichtig ist, würde schlechter. Ferner würde der Staat von einigen wenigen Großunternehmen erpressbar. Gegen die Gefahr ständiger Preiserhöhungen wie etwa bei den Benzinpreisen könnte er sich nur durch Preisgesetze wehren. Nahezu auf der ganzen Welt sind deshalb auch die Arzneimittelpreise hoheitlich reguliert. Nur in den USA nicht, allerdings mit der Folge, dass dort bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln das höchste Preisniveau der Welt herrscht. Preiswettbewerb bei Arzneimitteln auf Apothekenebene führt deshalb erfahrungsgemäß zu höheren Arzneimittelpreisen.

10. Entspräche der Fremdbesitz nicht mehr dem Leitbild des „freien“ Berufs?
Freier Beruf bedeutet nicht Freiheit von gesetzlichen Bindungen. Im Gegenteil. Freie Berufe sind besonders strengen beruflichen Anforderungen unterworfen. „Frei“ bedeutet in Wirklichkeit unabhängig und objektiv. Deshalb gelten nicht nur bei Apothekern, sondern auch bei vielen anderen freien Berufen wie etwa bei Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern ähnliche Schranken gegen die Beteiligung Berufsfremder, die keinerlei fachlichen und charakterlichen Anforderungen unterliegen. Die Kultur der unabhängigen Heilberufe in Deutschland hat erheblich dazu beigetragen, dass hier die Bevölkerung über ein wesentlich größeres Gesundheitsbewusstsein verfügt als die Bevölkerung in anderen Ländern, wo eher kommerzielle Strukturen herrschen wie etwa in den USA.